Vorwort
Ich bin ja nun schon mehrfach aufgefordert worden, doch bitte mehr zu kommunizieren und vor allem in diesem Blog aktiver zu werden. Um weiteren solchen Ermunterungen zuvor zu kommen, hier also mein Reisebericht aus Israel. Zur Einordnung des Berichts, für alle die das nicht wissen: Ich war bereits vor Monaten auf eine Konferenz nach Eilat, Israel eingeladen worden. Durch die Krise im Gaza-Streifen war es dann lange fraglich, ob das Ganze stattfinden könne - aber ein Waffenstillstand wurde ja noch rechtzeitig beschlossen. Einer Konferenz unter Palmen stand also nichts mehr im Wege.
Anreise
Mein Reiseplan sah ungefähr wie folgt aus: Samstag abend Fahrt mit dem Bus nach Heathrow, dann Nachtflug nach Tel Aviv mit El Al. Sonntag vormittags dann Weiterflug nach Eilat mit Israir (beides sind israelische Airlines).
Auf meinem El-Al-Ticket stand schon, man solle sich mindestens 1 Stunde for Abflug am Gate einfinden, "für Sicherheitschecks". In der Tat hatte die Fluggesellschaft vor dem Abfluggate ihre eigene Sicherheitskontrolle aufgebaut. Das Ganze begann damit, dass der Sicherheitsbeamte, der meinen Pass kontrollierte, mir Löcher in den Bauch fragte. "Wer sind Sie? Wo kommen Sie her? Warum wollen Sie nach Israel? Haben Sie einen Beweis dafür, dass Sie an der University of Warwick arbeiten?", usw. Als er fertig war, verschwand er mit den Worten (und meinem Pass): "Mein Kollege kümmert sich gleich um sie". Dieser Kollege erschien dann mehrere Minuten später - und fragte mich genau das Gleiche! "Wer sind Sie? Wo kommen Sie her?..." Kaum war er fertig, brachte er meinen Pass einem dritten Angestellten, der eine Weile später erneut obigen Fragekatalog (in leichter Variation und mit offensichtlichen Fallen: "Sie wohnen also in London?") herunterratterte. Aller guten Dinge sind drei? Auf Hebräisch ist Vier das neue Drei! Zu guter Letzt fragte mich nämlich der Chef der Sicherheitsbeamten auch noch aus und bat mich, ihm doch einige meiner Emails zu zeigen, die belegen könnten, dass ich der bin, für den ich mich ausgebe. Spätestens hier fand ich das Ganze doch ziemlich unverschämt - aber man will ja auch an Bord... Nachdem man sich also davon überzeugt hatte, dass ich persönlich wohl ungefährlich sei, musste man natürlich noch mein Gepäck kontrollieren. Die Israelis haben dafür spezielle Bürsten mit Mikrofasertüchern. Damit durchbürsten sie das ganze Gepäck (nachdem sie es vollständig auf ihrem Tisch verteilt haben, versteht sich) und stecken die Probe dann in einen Scanner, der wohl explosive Stoffe entdeckt. Das dauert natürlich. Egal, schlussendlich durfte ich an Bord.
Nachtflug = Schlaf? Pustekuchen! Obwohl der Flug von 22:30 (GMT) bis 5:30 (Tel Aviv) ging, also in beiden Zeitzonen mitten in der Nacht lag, wurde ungefähr nach der Hälfte des Fluges ein Abendessen serviert! Ich kam also eher müde in Tel Aviv an, wo ich zu meiner (angenehmen) Überraschung, ohne große Fragerei durch die Passkontrolle gewunken wurde. Bus zum anderen Terminal genommen, ein paar Stunden warten, dann erneute Sicherheitkontrolle. Diesmal nur zweimal befragt worden, Gepäck durchbürstet - und persönlich zum Abflugbereich eskortiert! Ich muss hier übrigens anmerken, dass es sich gar nicht als Vorteil herausstellte, nur mit Handgepäck zu reisen - das machte die israelischen Sicherheitsbeamten nämlich nur misstrauisch ("Und Sie haben wirklich nur diesen Rucksack dabei?"). Mein Flug nach Eilat hatte dann zwei Stunden Verspätung. Die Frau am Schalter hatte mir in gebrochenem Englisch den Grund zu erklären versucht - ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, der Pilot hatte Verspätung...
Der Flug nach Eilat war dann kurz und schmerzlos, ebenso die Taxifahrt zum Hotel. Jetzt konnte ich auch den vollen Klimakontrast zu England genießen: In der Sonne waren es gut und gerne 35° (mindestens!), der Wind hatte ähnliche Temperaturen und brachte keine Erleichterung. Ein Hoch auf Klimaanlagen!
Die Konferenz
Im Hotel angekommen, wurde ich an der Rezeption eingecheckt und bekam gleich mein All-Inclusive-Bändchen um den Arm. Angenehme Überraschung: Ich hatte ein Doppelzimmer für mich! Unangenehme Überraschung: "Please note that there is no Wifi in the guest rooms". Wie bitte? In welchem Jahrhundert...? Also... Naja. Erst mal Nickerchen gemacht, um die Erschöpfung durch die Reise loszuwerden. Das Bild zeigt den Blick aus dem Hotelzimmer.
Anschließend an die Rezeption dackeln, um sich nach dem angeblich vorhandenen Wifi in der Lobby zu erkundigen. Leichte Verständigungsschwierigkeiten ob mangelnder Englischkenntnisse des Personals. Aha, offenbar gibt es ein extra für die Konferenzteilnehmer eingerichtetes Wifi im Konferenzraum. Wo ist der denn? Aha... am Pool vorbei, dann rechts die Treppe runter in den... Luftschutzkeller?? Leichte Verunsicherung meinerseits, Bestätigung auf Nachfrage. Tatsächlich findet sich hinter der Treppe und einer 20 cm dicken Stahltür ein durchaus annehmbarer Konferenzraum (wenn auch ohne Fenster, versteht sich). Man hatte sogar extra für uns Whiteboards an die Wände geschraubt. Da man diese aber in die dunkelstmögliche Ecke gehängt hatte, mussten sie gleich nach dem ersten Tag umgehängt werden - das Personal war hier aber sehr hilfsbereit. Schwieriger gestaltete sich das Aufhängen der Leinwand für die Beamervorträge - aber auch hier fand sich eine Lösung (siehe Bild). Ja, das ist ein Löffel.
Bevor jetzt Vorwürfe laut werden, von wegen faule Algebraiker, liegen nur am Strand, etc., möchte ich doch betonen, dass die meiste Zeit wirklich Mathe gemacht wurde! Die Vorträge begannen morgens um 9 und endeten um kurz vor sieben. Die Mittagspause war zwar recht lang, aber um diese Zeit war es ohnehin viel zu heiß um draußen herumzuspazieren und der Pool war voller kleiner Kinder. Was natürlich nicht heißt, dass wir das gute Wetter nicht genossen haben...
Das Beste am Hotel war eindeutig das Essen. Zu allen drei Mahlzeiten gab es enorme Buffets und die Qualität war wirklich gut. Alles war natürlich koscher, was inbesondere hieß, dass das ausladende Desserbuffet am Abend nur Speisen aus Sojamilch enthielt (für Laien: Fleisch + Milch darf man nicht zusammen essen). Klingt merkwürdig, schmeckt aber.
Die Bar des Hotels war mittelmäßig bis merkwürdig. Hinter der Theke hingen fast ein Dutzend Monitore, auf denen diverse, teils obskure Sportereignisse liefen (Sommer-Skispringen auf Gras, Frauenwrestling,...). Es gab eine kleine Bühne mit einer Karaoke-Maschine, die vom Personal des Hotels gerne genutzt wurde, um voller Inbrunst kitschige arabische Pop-Songs in den Saal zu knödeln. Gut dass es um die Uhrzeit am Pool schon auszuhalten war... Die Cocktails wurden mit großer Kreativität gemixt, um den Mangel an essentiellen Zutaten auszugleichen: Gin Tonic? Tonic Water gibts nicht, wir nehmen Sprite! Tequila Sunrise? Orangensaft ist alle, wir nehmen Limonade, das ist ja fast das Gleiche (Zitat!). Aber ausreichende Mengen Alkohol nivellieren ja bekanntermaßen jeden unangenehmen Geschmack...
Man hätte natürlich auch an die Strandpromenade gehen können, aber Alkohol ist in Eilat relativ teuer - obwohl es sich hier um eine steuerbefreite Zone handelt. Man muss dazu anmerken, dass Eilat touristisch voll erschlossen ist und dem Anschein nach zu 50% aus Hotels, Geschäften, Restaurants und Kirmesattraktionen besteht. Am ersten Abend waren wir mit einem Einheimischen auch an die Strandpromenade gewandert, um diverse Bars auszuprobieren. Das war ganz nett, auch weil die Sicht über den Golf von Aqaba bei Nacht sehr schön ist (siehe Bild, auch wenn man hier natürlich nichts erkennt) - aber am Ende doch zu teuer um es jeden Abend zu wiederholen.
Fun fact:
In Israel gibt es, wie bei uns auch, Sommer- und Winterzeit. Der große Unterschied besteht in der Tatsache, dass jedes Jahr in der Knesset darüber abgestimmt wird, wann die Umstellung erfolgt. Grund dafür ist, dass die Zeitumstellung wohl nichttrivialen Einfluss auf bestimmte religiöse Rituale hat, weshalb vor allem die Orthodoxen hier auf Mitspracherecht pochen. Angeblich forderte ein Rabbiner einmal, die Uhrzeit dreimal innerhalb eines Monats umzustellen, weil das eben besonders gut mit den entsprechenden Feiertagen zusammenpasste. Hat man dann aber doch gelassen.
Die Rückreise
Aufgrund von Schwierigkeiten, passende Flüge zu finden, musste ich schon Donnerstag morgen abreisen - obwohl die Konferenz offiziell erst am Freitag endete. Damit vermied ich immerhin, zweimal packen zu müssen: Kurz nach Beginn der Konferenz informiert das Hotelpersonal die Organisatoren, dass es am Freitag bereits schließe. Deshalb mussten alle Teilnehmer Donnerstag abends in ein anderes Hotel umziehen - lediglich für Abendessen, eine Übernachtung und Frühstück. Immerhin soll das andere Hotel direkt am Strand gelegen haben.
Wie dem auch sei, ich verließ das Hotel bereits Donnerstag früh. Reiseplan: Flug nach Tel Aviv, dort langer Aufenthalt, nachmittags Flug nach London, anschließend Bus nach Coventry. Ankunft: Mitternacht.
Am Vorabend die erste Änderung: Israir schickt eine Mail. Der Flug startet nicht wie geplant um 10, sondern um 9:40 und er fliegt nicht nach Tel Aviv - Ben Gurion, sondern nach Tel Aviv - Sde Dov (anderes Ende der Stadt, Distanz: ca. 45 Minuten mit dem Taxi). Grund? Äh... keiner.
Mit der Sicherheitskontrolle in Eilat begann es schon, unangenehmer zu werden. Die Sicherheitsbeamtin wurde regelrecht ungehalten, weil ich ihrer Meinung nach dafür, dass ich erst einen Monat in England wohne, keinen ausreichend deutschen Akzent hatte. Zusammen mit der Tatsache, dass ich ja nur Handgepäck hatte, war ich verdächtig genug, um mein Gepäck für eine Sonderkontrolle ins Untergeschoss mitzunehmen. Der Rest von mir durfte inzwischen durch die reguläre Sicherheitskontrolle, um dann in einem Cafe so ca. 30-45 Minuten darauf zu warten, dass mir jemand meinen Rucksack bringt. Vorerst kamen dann aber nur zwei Sicherheitsbeamte, die mir mitteilten, man müsse mein Laptopladekabel nochmal gesondert scannen, habe dafür aber keine Zeit. Ich könne es daher nicht mitnehen, man würde es mir nachschicken. Keine große Begeisterung meinerseits, verständlicherweise. Ich fülle zähneknirschend das Formular für meine Adresse aus (In der Zeit, die das alles in Anspruch nahm, hätte man doch vielleicht das Ladekabel scannen können?). Es dauert dann nochmal gut 20 Minuten, bis eine Angestellte mit meinem Rucksack zurückkommt. Sie teilt mir mit, dass außerdem mein Tablet nicht im Handgepäck reisen darf, sondern in den Gepäckraum muss. Aha. Warum? "Security. Thank you for your patience". Keine Ursache, die ist jetzt auch alle.
Der Flug ist dann immerhin pünktlich (mein erster Flug in einer Propellermaschine!). Sde Dov stellt sich als Miniflughafen heraus, auf dem hauptsächlich Privatleute ihre Kleinflugmaschinen parken. Die Gepäckannahme ist ein kleiner Raum von vielleicht 4 auf 8 Metern. Immerhin gibt es einen Taxistand. Lichtblick: Mein Taxifahrer hat einen Papagei auf der Schulter, der während der Fahrt auf ihm herumklettert! Geil. Laune hebt sich etwas. Längeres Warten am Flughafen Ben Gurion, Self-Check-In, dann zum Sicherheitscheck. Beachtliche Schlange aber (vielleicht deswegen?) kaum Fragen und anstandslose Gepäckkontrolle. Ich esse furchtbares Sushi und arbeite etwas an meinem Seminarvortrag. Der Flug ist pünktlich und ereignislos, auch wenn das Entertainment-System an meinem Sitz kaputt ist. Egal, ich hab was zu lesen dabei. Landung, Busfahrt, Taxi zur Wohnung - endlich daheim.
Epilog
Freitag morgen will ich ja nun doch wissen, wie das mit meinem Laptopladekabel weitergeht. Man hat mir natürlich einen Zettel ausgehändigt, auf dem die entsprechenden Daten stehen. Verantwortlich für den Transport ist die Airline, in diesem Fall Israir. Eine Nummer ist angegeben. Ich versuche sie mit Skype zu erreichen. Eine Ansageschleife auf Hebräisch meldet sich. Keine Ahnung ob das jetzt heißt "Der nächste freie Mitarbeiter..." oder "unsere Geschäftszeiten sind...". Immerhin startet bald Jom Kippur, vielleicht haben die heute frei? Ich gebe nach kurzer Wartezeit auf und durchforste mal die Webseite von Israir. Dort findet sich folgener Satz zu Gegenständen, die von der Security einbehalten werden: "Israir does not send items to your home." F*** you. Ich schreibe pro Forma eine Anfrage per Email, dann bestelle ich mir ein neues Ladekabel.
Fazit: Die Konferenz war sehr schön - auf die Reise hätte ich verzichten können :-D
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