Hallo ihr glücklichen Daheimgebliebenen und Privilegierten, die ihr nicht in diesem Wohnheim hier wohnt!
Anlässlich der 'Woche ohne Stuhl', die ich gerade in meinem Zimmer begehen musste, halte ich den Zeitpunkt für angebracht, mich ein bisschen ausführlicher über die Wohnzustände in der Residence Universitaire Beaulieu auszulassen.
Was ist denn eigentlich die 'Woche ohne Stuhl'? Das ist eine anscheinend nur für mich erfundene Gemeinheit, bei der die französische Wohnheimverwaltung mich in ein (zwar schön weißes) Zimmer steckt, in dem sich nur ein Stuhl befindet, der schon bessere Tage gesehen hat und dessen Metallbeine oben an der Naht zum Sitzrahmen schon Risse aufweisen. Recht vorhersagbar gab der Stuhl dann auch nach einer Woche plötzlich abends langsam unter mir nach. Resultat: Ein Bein ist um 90° gebogen, ein Rückbiegeversuch würde unweigerlich in der vollständigen Abtrennung des Stuhlbeines enden. Natürlich melde ich das am nächsten Morgen am Acceuil. Man kümmere sich darum, heute nachmittag käme ein neuer. Mittwoch nachmittags kommt kein neuer. Mittwochs abends meint eine andere Kollegin, der Hausmeister sei mit verstopften Toiletten beschäftigt gewesen und hätte keine Zeit für meinen Stuhl gehabt (Das etwas unappetitliche Wortspiel ist nicht beabsichtigt). Man würde sich Donnerstag nachmittag darum kümmern. Tut man aber nicht. Freitag morgen meint wieder ein anderer Angestellter, es sei gar nicht klar, ob überhaupt noch Stühle da seien. Aha. Die Tatsache klar vor Augen, dass ich das Wochenende ohne Stuhl verbringen werde, missbrauche ich meinen Beistelltisch als Sitzbank. Heute morgen im Acceuil meint die diensthabende Dame fröhlich zu mir: 'Ah, mais il n'y en a plus!' - Es gibt keine mehr! Da Stuhlnot erfinderisch macht, schlug ich ihr vor, man könne doch einen Stuhl aus einem nicht mehr benutzten Zimmer in meins transferieren - und siehe da! Ja! Das geht! Innerhalb von 3 Stunden habe ich einen schönen, sogar neuwertigen Stuhl! Aber so geht's hier im Wohnheim zu...
Weitere Alltäglichkeiten: Es ist eine feste Regel, dass kein Klo in diesem Wohnheim vollends perfekt ist. Entweder geht das Licht nicht, es ist kein Klopapier da oder die Klobrille fehlt oder es leidet an (hier leider chronisch häufig auftretender) Verstopfung, weil leider furchtbar viele Studenten hier im Wohnheim offensichtlich nicht in der Lage sind, weniger als 1 Kilo Klopapier zu benutzen (es sei denn natürlich, es ist grad wieder keins da).
Ähnlich die Duschen: Die Duschen hier haben so einen Drückknopf, der das Wasser für einen Zeitraum von 3-10 Sekunden fließen lässt, je nach Dusche. Hat man aber mal eine Dusche mit luxuriösen 10 Sekunden Wasserlaufzeit gefunden, kommt wahrscheinlich kaum Wasser aus dem Hahn. Man muss sich dann schon anstrengen, um nass zu werden.
Die Gemeinschaftsküchen sind die meiste Zeit entweder eklig (nämlich tagsüber) oder zu (nämlich nachts). Eklig sind sie deshalb, weil jeder ***** seinen Müll in der Küche liegen lässt und kein Mensch auf die Idee kommt, seine Essensreste vom Kochen oder seine Fettspritzer mal aufzuwischen. Dass die Spüle regelmäßig verstopft ist, war ja wohl klar, oder?
Der oben beschriebene Stuhltransfer war übrigens vor allem deshalb möglich, weil es hier einige Zimmer gibt, die schon gar nicht mehr vermietet werden können, weil sie z.B. total verschimmelt sind(siehe einen meiner letzten Blogs zu meinem Umzug).
Damit wir uns in unserem 9qm-Zellen nicht langweilen, werden regelmäßig Feueralarme ausgelöst, gelegentlich von rauchenden Putzfrauen. Der letzte Fehlalarm war z.B. Samstag nacht um 3.
Aber ich lebe noch, bin nicht krank und kann jeden Tag in der wirklich ausgezeichneten Mensa hier essen... und ich bin nur noch 4 Wochen hier :-)
Noch ein Wort zu der 'Banque sans service', die ich im Titel angekündigt habe. Die Rede ist hier von der deutschen Bank, die mir einen halben Tag verdorben hat...
die Situation: Heute morgen so gegen 9 schaute ich vor dem Lernen nochmal kurz in mein Online-Banking. Erstaunt stellte ich fest, dass sich doch etwas wenig Geld auf meinem Konto befand... Die Umsatzanzeige ergab: Eine Überweisung von 550 Euro auf das Konto einer mir völlig unbekannten Person hatte stattgefunden! Argh! Panik! Man will mich beklauen! Diebe! Diebe! Auf der Suche nach Trost und Rat treffe ich leider die falsche Entscheidung: Nachdem ich per Online-Banking schriftlich reklamiert habe, rufe ich die Servicehotline meiner Deutsche-Bank-Filiale an. Ein Bericht:
1) Ich werde nicht mit der Zweigstelle Kaiserslautern, sondern mit dem allgemeinen Kundendienst verbunden
2) Ich brauche 3 Versuche (jeweils inklusive 2 Minuten Wartezeit in der Warteschleife), um jemand Zuständiges zu erreichen:
2.1) Erster Versuch: Die Dame im Callcenter erfragt meine Kontonummer und leitet mich an eine Dame weiter, die mir mitteilt, sie könne mir nicht helfen, da ich nicht am Telefonbanking teilnehme, ich müsse nochmal anrufen.
2.2) Zweiter Versuch: Ich teile der Dame im Callcenter mit, ihre Kollegin hätte mich etwas voreilig weitergeleitet, sie solle das doch bitte nicht tun. Sie erfragt meine Kontonummer und leitet mich an eine Telefonnummer weiter, bei der für 2 Minuten nur das Besetztzeichen tutet.
2.3) Beim dritten Versuch werde ich endlich an meine Filiale weitergeleitet. Eine Angestellte der Deutschen Bank verspricht mir, den Beleg zu prüfen und im Fehlerfalle das Geld zurück zu überweisen. Sie riefe mich dann an oder schriebe mir eine Email. Das war gegen 10 Uhr.
Als ich um halb 4 dann entnervt mein Konto überprüfe, ist die Retoure vermerkt. Aufatmen. Eine Erklärung habe ich bis jetzt aber weder telefonisch noch per Mail erhalten.
So, jetzt hab ich mich genug beschwert und entlasse euch wieder in euren glücklichen, stuhlmangel-unbeschwerten Alltag....
P.S.: Das Studierendenwerk CROUS, das für die Wohnheime verantwortlich ist, will die Hälfte seiner Servicemitarbeiter (Putzfrauen, Hausmeister...) entlassen.
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