Eastern Economy Edition

Hallo allerseits,

heute haben meine Vorlesungen angefangen, endlich! Ich bin also heute sehr früh aufgestanden, um in die 8 Uhr Vorlesung zu kommen. Welche da hieß 'Data Structurs in Scientific Computing'. Wie das eben bei neu gestarteten Vorlesungen so ist, hat die Vorlesung eben nicht wirklich angefangen. Gerade wenn die Vorlesungen nur 50 Minuten dauern, beschränkt sich die erste Vorlesung auf Geplänkel, was man denn machen wird. In dieser Vorlesung werde ich mich also besonders aus mathematischer Sicht gesehen mit bestimmten Algorithmen befassen, hauptsächlich mit Such- und Sortieralgorithmen. Was ich teilweise ja auch schon in Softwareentwicklung gehört habe. Bin mal gespannt in wie weit das jetzt hier ins Detail geht. Auf jeden Fall hat es der Prof. geschafft gleich mal die Potenzfunktion mit der Fakultät durcheinander zu bringen, was wie ich denke auch noch anderen Studenten aufgefallen ist, es hat jedoch niemand was gesagt. War ja jetzt auch ein ziemlich offensichtlicher Schnitzer des Dozenten, also hab ich auch mal die Klappe gehalten, mein Tag wird kommen ;)

Die zweite Vorlesung war direkt im Anschluss: Artifizielle Intelligenz. Was für mich bedeutete aufs Fahrrad schwingen und so schnell wie möglich zum Informatikbau radeln. Man hat 10 Minuten Zeit von einem Vorlesungssaal in den anderen zu kommen, wenn die Vorlesungen in aufeinanderfolgenden Blöcken liegen. Das ist nicht so viel. Der Prof. war dann auch schon da, als ich ankam hatte aber zum Glück noch nicht angefangen. Wenn der nämlich erstmal losgelegt hat, dannn muss man so lange an der Tür stehen, bis der Prof einen reinbittet. Das hat er aber von Anfng an ziemlich albern und leicht angenervt getan, ich vermute, in Zukunft wird er von den Studenten verlangen dieses Verhalten abzulegen. Eine Befürchtung meinerseits hat sich jedoch erfüllt: Die Dozenten hier reden unglaublich leise. Die reden so, als ob du dich normal mit denen unterhalten würdest. Dass die in einem Vorlesungssaal stehen, in dem mehrere Ventilatoren brummen, und die Menschen teilweise 10 Meter entfernt sitzen ignorieren sie erstaunlich konsequent. Nun ja auch hier gab es erstmal wieder einführendes Gerede, wofür der Mann (geschätzte 60 Jaahre alt) erstaunlich auf aktuellem Stand war, er hat nicht nur moderne Populärliteratur in seine Reden eingebracht, sondern auch, Filme wie Matrix, den RUBIKS-Würfel, Deep Fritz, ktuelle Projekte der NASA und philosophische Hintergrundgedanken über: Was ist Intelligenz? Wann sagt man, dass jemand intelligent handelt? Er hat uns dann mit der Aufgabe entlassen, dass wir uns darüber Gedanken machen sollen, in wie weit man 'intelligente' Maschinen rein theoretisch bauen kann, oder ob das überhaupt möglich ist. Da ich in den letzten Wochen und Monaten darüber ungefähr drei Bücher gelesen habe, freut es mich sehr, dass er das Thema auch philosophisch beleuchtet. Im Anschluss der Stunde hat er sich dann auch mit Studenten über gerade diese schwammigen Fragen locker unterhalten, was ich schonmal sehr positiv fand.

Dann hatte ich heute noch eine Vorlesung Probability and Statistics (man erinnert sich düster: die Vorlesung mit dem in Indien ganz bekanntem Prof.), welche jedoch nur ein eintragen in eine Liste war. Start verschoben auf Montag wegen akutem Mangel an Parthasarathy, der treibt sich nämlich grade sonstwo außerhalb Chennais herum.

Dann habe ich heute gemerkt, dass ich im Bücherhimmel bin. Man möge sich folgende Preise auf der Zunge zergehen lassen:

Introduction to Algorithms (Das Buch für die erstgenannte Vorlesung): Auf Amazon knapp 60 €
Hier im Buchladen (in leicht lädierter Ausgabe, eben indisches 'neu'): unter 3 €.
Artificial Intelligence a modern approach (Das Standardwerk für AI und begleitend zur gleichnmaigen Vorlesung): Auf Amazon für 70 €.
Hier sogar billiger als das oben Algorithms-Buch. Ungefähr bei 2.50 €.
usw.

Ein Sachbuch über 1000 Seiten dick für unter 3 Euro !!!? WTF! Ich werd mich hier so übelst eindecken, ich hab zwar keine Ahnung wie ich den ganzen Kram nach Hause bringe, aber morgen geh ich shoppen Leute. Das ist so der Hammer. Erklärung (von Nitin): Die Studenten kaufen hier keine Bücher, weil sie sich die in der Bib ausleihen (was ich auch versucht habe, aber es war schwierig in der Bib ein Buch zu finden, dessen Titelzug nicht fast vollständig verblasst war...).
Ja das machen die Studenten in Deutschland auch, aber WEIL die Bücher TEUER sind. Wenn ich hier ein Jahr bleiben würde, dann hätte ich nach nem halben Jahr wahrscheinlich ne halbe Bibliothek in meinem Zimmer stehen, ich lerne ja so gerne aus Büchern.

Nun nach diesem Kulturschock kommen wir zu meinem heutigem Abendprogramm, es stand ja an in diesen Havanna-Club zu gehen. Man hört es vielleicht schon an der Formulierung heruas, dass darauf nichts wurde. Also nicht, dass da heute abend keiner hingegangen wäre, aber irgendwie wurde die Hälfte der üblichen Verdächtigen komplett vergessen. Zuerst hatte ich schon gedacht nur ich wäre vergessen worden, doch dann hab ich nach und nach auch viele andere hier auf ihren Zimmern angetroffen... möchte mal wissen wer das organisiert hatte... wenn man es nicht selbst macht... Naja viellicht komm ich irgendwann dann doch mal noch dahin, dann werd ich euch ganz viel darüber erzählen.

Womit wir zu einer kleinen Trost-Perspektive in die nahe Zukunft kommen: Nitin war grade eben da und er hat morgen quasi frei (der lernt immer von morgens 8 bis abends 12, oder behauptet das mal. Zumindest ist er immer sehr lange in den Uni-Gebäuden. Die haben hier nämlich fast unendlich lange auf), dass heißt morgen werde ich das Chennai-Einkaufszentrum erblicken, eine 'sehr große' Kirche namens 'st. thomas'. Darüber muss ich dann jetzt doch noch nen Satz sagen, angeblich soll darin einer der Jünger Jesu' mit dem Namen Thomas begraben sein, ich geb zu ich bin nicht bibelfest, und es gibt wahrscheinlich eine Erklärung, aber ich frage mich schon so ein bißchen, was der Typ in Indien verloren hatte. Und dann werden wir uns noch einen Tempel angucken, welche Religion und welcher Gott weiß ich noch nicht, aber es wäre ja auch eine blöde Vorausschau, wenn ich jetzt schon alles sagen würde.
Ich werde natürlich dreimal überprüfen, ob ich meine Kamera dabeihabe, und die Akkus laden just diese Nacht auch fröhlich auf. Also freut euch auf Bilder.

Neue Leute habe ich heute glaube ich zum ersten mal seit ich hier bin keine kennengelernt. Wenn man mal die ganzen Inder die heute auch in den Vorlesungen saßen nicht mitzählt (die Unterhaltungen mit denen waren ja auch auf ein Minimum reduziert). Na gut zwei Professoren, aber das war auch mehr ein Monolog. Also keine.

Was habe ich also heute gelernt:

1) Auch in Indien sollte man planungsmäßiges lieber selbst in die Hand nehmen, wenn einem was wichtig ist... *seufz*
2) Indische Professoren sehen die Sache mit dem 'Versteht ihr mich?' nicht so eng.
3) Akustisch gesehen sind Ventilatoren Blockaden der Wissensvermmittlung.
4) Indien = Bücherparadies, Nirvana des geschriebenen Wortes, Walhalla der leicht lädierten Buchrücken.
5) Jesus seine Kumpels sind ganz schön rumgekommen.

ciao,
Tudy.