Sonntag, 17. Juni 2007

Lange Nacht der Kulturen

H!,

eigentlich wollte ich heute etwas über meinen Einkaufszettel schreiben, aber die 'Lange Nacht der Kulturen' ist dazwischengeplatzt und damit ein wirkliches Top-Event. Ich glaube ich muss zugeben, dass ich Kultur nicht immer ganz verstehe, aber ich kam an diesem Abend auf jeden Fall auf meine Kosten und zwar in der Fruchthalle.

In der Fruchthalle gab es etwas was den Begriff 'Moderne Kunst' wie prähistorische Höhlenmalereien wirken läst. Da spielen sich Dinge ab welche jeglichen Kategorien von 'Kunst' und 'modern' die Stirn bieten, Streit anfangen, und die Bar abfackeln. Ich denke ein menschliches Wesen ist gar nicht wirklich in der Lage die volle Tragweite dieses Schaffens zu begreifen. Ich denke, es ist auch besser so. Ich zähle mich selbst zu interpretationsfreudigen Menschen, aber was dort geboten wurde, war... freundlich ausgedrückt... ein paar Level zu hoch. In dem Tanzsaal der Fruchthalle wurden viele Bischoff-Bierkästen verteilt, um eine Art von Bühne. Auf der sowas wie Menschen, etwas in der Art von Krach gemacht haben. Auf zwei großen Leinwänden wurde dazu irgendwas projiziert, was stark an die visuellen Effekte eines Mediaplayers erinnert hat. Wir hatten das Glück direkt hinter dem 'Misch-Pult' zu stehen, deren Bewohner sich in erster Linie darum kümmerten irgendein weiteres Bauteil evtl. an die Anlage anzuschließen oder doch lieber hoffnungslos den verlorenen Stecker zu diesem Teil suchen. Dazu gab es natürlich schummeriges Licht und Bühnenbeleuchtung quer durch den Raum. Die 'Akteure' befassten sich übrigens damit, gedankenverloren auf ein Keyboard zu starren und eine etwas DIN-A4 große Metallplatte zu streicheln und zu beklopfen. Prost! Die größte Kunst bestand anscheinend darin den Raum auf eine subtile Art und Weise so zu verdunkeln, dass wenn man sich einmal darin hineinverlaufen hatte, man einen möglichst langen weg wieder heraus hat.

Aber kommen wir nun zu dem Teil der mich an diesem Abend so sehr amüsiert hat und das waren die Menschen die dort herumliefen. Raul, Kathrin und ich waren gelinde gesagt underdressed. Im Schnitt waren die Leute um uns in 200 € teurere Kleidung gewickelt. Daazu kommt ein Altersdurchschnitt von ungefähr 30. Natürlich muss auch das Verhalten dazu stimmen, also geschwollene Sprache, Cocktails, und 'Ach ja...'. Großartig, wir befanden uns mitten im modernen Kultur-Adel.

Wir verließen die Fruchthalle ziemlich schnell wieder, um in der unmittelbaren Nähe dem normalen Samstag-Nacht-Verkehr zu begegnen. Ich sage euch eine großartige Mischung, hier lag die wahre Kunst in der langen Nacht der Kultur. Man trifft innerhalb von zehn Metern auf den sich selbst ernannten Kultur-Adel, die bürgerliche Stammtischgeneration und die pubertierende Gettho-Gangster, wunderbar! Ich hab mich ja so gefreut. Wenn man am Mc-Donalds vorbeigeht und darin einen gut beleibten Kulturmenschen mit seinem Tablet sieht: Er dreht sich orientierungslos, hilfesuchend im Kreis, während gegenüber des Mc-Donalds sich gerade die örtlichen Gangster mit einem eineinhalbminütigen Handschlag und 'Ey, Alder' begrüßen, dann geht einem das Herz auf.

Es war eine lange Nacht der Kulturen, Kulturen gab es an dem Abend.

Kulturschocks auch.

ciao,
der sich total kultiviert fühlende Tudy.

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